Die farbig gefasste Tonbüste stellt einen etwa vier oder fünfjährigen Knaben dar, der sich in höfischer Tracht wie ein kleiner Herr stolz dem Betrachter zuwendet. Mit anmutigem Charme trägt er keck ein leicht schräg auf dem Kopf gesetztes Barrett, das seine aristokratische Herkunft ebenso verrät wie das enganliegende, geschlitzte Wams mit dem hohen Kragen und der Goldkette. Das kindliche Naturell weicht hier einer bereits eingeübten Pose, die ihm die standesgemäße Rolle abfordert. Das Milieu, in dem die Büste entstand, ist eindeutig der Königshof und deren Familie. Wie die gleichmäßig verteilten Bohrungen an der Hutkrempe offenbaren, waren diese einst mit kostbaren Edelsteinen und einer Feder verziert, so dass man sich den ursprünglichen Zustand der Büste noch weitaus prachtvoller vorstellen muss. Zeugnis dieses kostbaren Schmucks sind die Bildnisse des Malers Francois Clouet (1505/1510-1572), der den französischen Königshof und seiner aristokratischen Entourage in einer Vielzahl von Gemälden und Zeichnungen festgehalten hat. Neben dem Herrscherhaus und seinem einflussreichen Kreis treten in der Mitte des 16. Jahrhunderts auch erstmals vermehrt Kinderbildnisse auf, wobei plastisch geformte Kinderbüsten nur äußerst selten vorkommen und meist dem Königshof vorbehalten waren. Es ist daher anzunehmen, dass es sich bei unserem Porträt nur um das eines Prinzen handeln kann und somit folglich nur um einen der Söhne König Heinrichs II. und seiner Gemahlin Caterina de´ Medici. Welcher der vier ihrer Söhne hier allerdings dargestellt ist, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit feststellen. Die größten Übereinstimmungen finden sich jedoch bei ihrem vierten und jüngsten Sohn Prinz Alexandre-Édouard, Herzog von Angoulême (1551-1589), der seinem Bruder Charles IX. als Henri III. auf dem französischen Thron folgte, aber auch zum fünften Sohn, dem attraktiven François-Hercule de Valois, Herzog von Alençon (1555-1584).
Hofbildhauer in der Zeit war Germain Pilon (1537-1590), der sich mit den Königsgrabmälern Franz I. und Heinrichs II. höchstes Ansehen erwarb. Die um 1555/60 entstandene Kinderbüste wäre somit ein Frühwerk des Bildhauers und seiner Werkstatt.
Entstehungsort stilistisch: Paris
Eigentum des Kaiser Friedrich Museumsverein